Dienstag, 28. Oktober 2014

Deutsch als Fremdsprache

Die deutsche Sprache hat in Barranquilla eine lange Tradition. Die Stadt selbst wurde 1813 gegründet, das Colegio Alemán (die deutsche Schule) 1913. Seither gilt die deutsche Sprache quasi als Kulturgut Barranquillas, was sich besonders in den Sprachfertigkeiten der Jugendlichen und Twens widerspiegelt. Ein großer Teil spricht sehr gutes Deutsch, das angesichts der Schwierigkeit der Sprache hoch anzurechnen ist. Ich hätte beim besten Willen keine Muße, Deutsch als Fremdsprache zu lernen, insbesondere, wenn es nach Meinung vieler ein Kauderwelsch aus Rachenlauten und sonstigen nicht definierbar harten Buchstaben ist (letzteres trifft glücklicherweise nicht auf das Deutsch meiner Heimat zu). Im internationalen Büro sprechen etwa 60 Prozent fließend Deutsch, also nicht nur "Isch libbe disch", sondern teilweise akzentfrei, was mir jedes Mal auf das Neue Respekt abverlangt.

Man fragt sich, woher diese Motivation für die Sprache Goethes (der Dank an dieser Stelle gebührt Frankreich für diese liebenswürdige Bezeichnung unserer Sprache)kommt. Während eines Festes der Fakultät für Deutsch als Fremdsprache, erfuhr ich den zentralen Grund bzw. die entscheidende Motivation. Doch zunächst kurz zum Fest selbst. Der Prof für Deutsch bat mich, am Programm teilzunehmen. Ich lud noch einen weiteren deutschen Kommilitonen und eine Freundin von uns, eine Argentinierin, die kein Wort Deutsch spricht, ein. Gut, wir haben ihr ein paar Wörter und Sätze beigebracht, aber die sind eher weniger hilfreich im universitären Alltag. Wir zwei Deutschen wurden dann bei einem Buchstabierwettbewerb als Juroren engagiert und sollten die zu buchstabierenden Wörter vorlesen. Da waren definitiv Wörter dabei, die Ronnyyy und Kävin nicht gekannt hätten. Einer der Teilnehmer schien letztes Semester eine Deutsche klargemacht zu haben und wurde dafür mit stehenden Ovationen bedacht und gefeiert, als könne er Krebs heilen. Ein anderer nahm die Sache so ernst, dass er fast ein Ei gelegt hätte. Alles in allem eine witzige Angelegenheit. Ach ja, das Siegerwort war Abseitsfalle. Ich schrieb eingangs über die entscheidende Motivation. Die Studenten mussten sich zu Beginn vorstellen und ihre Beweggründe nennen, warum sie Deutsch wählten. Neben unqualifizierten Antworten wie: "Deutsche Männer sind voll süß.", antworteten nahezu 80 Prozent, dass sie die Möglichkeiten unseres Landes schätzen und nutzen möchten. Es ist also nicht die Schönheit unserer Sprache, die zweifelsohne vorhanden ist, sondern ganz pragmatisch die Möglichkeiten, die unser Land bietet. Wenn das nicht ein wahrlich deutscher Grund ist, etwas zu tun. 

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Medellín und Umgebung

Wo beginne ich? Medellín eilt ein zwiegespaltener Ruf voraus. Einerseits als Stadt des ewigen Frühlings bezeichnet und über das ganze Jahr hinweg mit den unterschiedlichsten Pflanzenarten geschmückt, verfolgt sie bis heute andererseits der Ruf einer vom Drogenkrieg beeinflussten brutalen Stadt. Nach meinem Besuch kann ich besonders ersteres bestätigen. Letzteres wollte ich nicht untersuchen. Da hatte ich dann eher weniger Lust.

Nach Medellín ging es per Flugzeug, da die Busfahrt quer durch das Land als gefährlich gilt und 20 Stunden in kolumbianischen Bussen eher nicht so geil sind. Die Sicherheitskontrollen bei Inlandsflügen sind, nun ja, anders, weil kaum existent. Ich glaube, dass der Flughafenangestellte eher seine Whatsapp-Nachrichten inspizierte als mein Gepäck. Ich als pflichtbewusster pedantischer Volldepp hatte natürlich alles nach Vorschrift gemacht und lediglich kleine Flüssigkeiten mitgenommen. Den Rest ließ ich zu Hause. Naja, das nächste Mal weiß ich es besser. Das Leben an der Küste ist eben tranquillo.

In Medellín angekommen, ging es zuerst ins Hostel, einem sehr beschaulichen, das auf den Namen Buddha hört, und anschließend zu einem grünen Aussichtsplatz mitten in der Stadt. Man konnte zum ersten Mal die Ausmaße der Stadt erkennen. Medellín ist in ein Tal der Anden gemeiselt und schlicht riesig (siehe Bilder). Der Abend wurde ruhig beendet, da am nächsten Tag ein größerer Ausflug geplant war.

Besagter Ausflug ging zum Piedra El Penol und Guatapé. Dieser "Stein" ist ein riesiges Ungetüm aus vorwiegend Granit und Feldspat und steht, ja chillt, da einfach in der Gegend rum. Das Bild des Steins inmitten beeindruckender Landschaft ist zum einen völlig absurd und zum anderen absolut faszinierend. Den Stein kann man auch erklimmen. Der Blick von oben ist atemberaubend schön. Macht euch selbst einen Eindruck durch die Bilder. Guatapé ist ein buntes verschlafenes Städtchen mit gewissem südamerikanischen Flair. Ich denke nicht, dass Wörter wie Stress oder Hektik jemals von einem der Bewohner in den Mund genommen wurde. Verrückt, wie entspannt das Leben sein kann, wenn man sich nur darauf einlässt.

Der nächste Tag galt der Stadt Medellín und seinen Sehenswürdigkeiten sowie Eigenheiten. Erste Eigenheit ist der Akzent. Das Spanisch ist sehr klar, klingt aber durch die Intonation wie Italienisch, wase für miche witzich ware. In Medellín selbst wechselt sich ein Bild von brutaler Armut mit protzigem Reichtum ab. Diese Gegensätze, auch zwischen sicherer und unsicherer Umgebung, können mit nur einer Straße wechseln. Der Besuch des Kunstmuseums und der Werke Fernando Boteros, Medellíns bekanntestem Künstler, der insbesondere durch seine Darstellung korpulenter Personen mit verschobenen Körperproportionen berühmt geworden ist, war Pflicht. Die Stadt lebt von farbenfrohen Pflanzen, der montanen Umgebung und dem angenehmen Klima, die allesamt Medellín zu einer einzigartigen Stadt machen. Mir persönlich geht es häufig so, dass ich in Städte komme und sofort merke, ob sie mir gefallen. Medellín hatte mich augenblicklich gefangen. Das bestätigte sich später auch, als wir mit der Seilbahn (Medellín verfügt über zwei, die Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes sind) gewissermaßen auf die Spitze Medellíns fuhren. Das Bild, das sich uns bot, inklusive Sonnenuntergang, war überwältigend. Leider kommt das nicht so auf den Fotos rüber, da Bilder aus einer schaukelnden Seilbahn recht schwierig sind.

Kurzum, solltet ihr je die Möglichkeit haben, Medellín zu besuchen, scheut euch nicht und macht es. Es lohnt sich in jedem Fall.

Liebe Grüße

Tommy

PS: Die Bilder sind in der Reihenfolge der Textabschnitte.